Brandner Kasper und das Paradies
Predigt 26. Sonntag im Jahreskreis, 28.9.2025
Perikopen: Am 6,1a.4-7 Lk 16,19-31
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Ein bekanntes bayrisches Volksstück ist die Erzählung vom Brandner Kasper und dem ewigen Leben. Der Brandner Kasper wird beim Wildern angeschossen und bekommt gleich Besuch vom Tod in der Gestalt des sogenannten „Boandlkramers“. Aber der Brandner Kasper denkt noch nicht ans Sterben. Er überredet den Boanddlkramer nach einigen Gläsern Schnaps zum Kartenspiel. Gewinnt der Brandner Kasper bekommt er noch ein paar Jahre. Verliert er muss er gleich mitgehen. Der Brandner Kasper gewinnt, wohl auch weil der Boandlkramer zu viel Schnaps erwischt hat. Der Brandner Kasper darf weiterleben, aber Gewinn ist es keiner. In seiner gewonnenen Bonuszeit erlebt er viel Schlimmes. Bald ist er des Lebens überdrüssig. Er bittet den Boandlkramer ihn zu holen. Und im Himmel, ganz nach bayrischer Vorstellung mit viel Bier, Weißwürsten und Brezen, ist es schön. Und er merkt, dass es ungeschickt war sein Leben zu verlängern. In einer neuern Verfilmung vom Brandner Kasper wird im Himmel dem Erzengel Michael eine Beschreibung von Himmel in den Mund gelegt: „A Paradies is imma daoan, wann anna aufpasst, dass koa Depp neikummt.“ Auf gut Deutsch: „Im Himmel gibt es keine Deppen.“ Ein Depp ist nach bayrischem Verständnis hier kein Mensch mit niedrigem IQ, sondern ein Querulant, ein Egoist, einer, der auf Kosten anderer lebt, der Unfrieden stiftet, der Freude hat andere zu ärgern, oder Schwierigkeiten zu machen, ein ganz boshafter und unangenehmer Zeitgenosse. Für Deppen in diesem Sinn ist im Himmel kein Platz. „A Paradies is imma daoan, wann anna aufpasst, dass koa Depp neikummt.“ Paradies also als deppenfreie Zone, als Ort für die Guten. Das passt vortrefflich zum heutigen Evangelium. Da hat auch einer aufgepasst, dass ins Paradies kein Depp hineinkommt. Der reiche Prasser steht vor der Tür. Es bleibt ihm nur noch die Unterwelt. Der arme Lazarus darf das Paradies betreten und ewige Freude genießen. Das scheint für uns klar. Doch zu Zeiten Jesu war das nicht unbedingt so. Die Juden meinten nämlich zur Zeit Jesu, dass jeder Mensch selber für sein Glück oder Unglück verantwortlich ist, und er das dann genauso mitnimmt in die Ewigkeit. Man meinte: Wer reich ist und Erfolg hat, der ist gut. Wer dagegen arm und gescheitert ist, der hat sich Unrecht getan. Man leitete davon sogar ab, dass man gar nicht unbedingt verpflichtet sei Notleidenden zu helfen. Sie haben es ja selber verschuldet und Gott hat sie bestraft. Die Zuhörer Jesus müssen also erschüttert gewesen sein, dass die Geschichte bei ihm ganz anders ausgeht, dass es bei Gott eine andere Rangordnung gibt. Und was kann das uns jetzt sagen? Drei Gedanken dazu.
Erstens: Verantwortungsvolles Leben und Wohlergehen hängen nicht unbedingt zusammen. Es kann so sein, muss aber nicht so sein. Auch, wenn man anständig lebt, kann man scheitern, krank werden und kann manches in Brüche gehen. und andererseits lässt Reichtum und Wohlergehen niemals Rückschlüsse zu auf ein tadelloses Leben. Für mich ist in diesem Zusammenhang interessant, wie der Mensch oft tickt. Solange es einem gut geht, kommt man eher wenig auf den Gedanken das irgendwie mit Gott in Verbindung zu bringen. Wenn es aber schlecht geht, dann ist Gott verantwortlich und dann kann man mit allem Religiösen und auch dem Kirchengehen aufgehen. Es hat ja doch nichts gebracht. Man hat es schon oft genug erlebt. Gerade im Schweren müssten man sagen: „Und jetzt erst recht.“
Zweitens: Wir sollen uns bewusst machen, dass auch jene, die wir gerne zu Sündern abstempeln, bei Gott Ansehen haben. Auch sie sind geliebte Kinder Gottes, vielleicht sogar noch viel mehr, wenn sie sich ihrer Bedürftigkeit vor Gott bewusst werden. Die Bedürftigkeit vor Gott ist auch ein wichtiges Thema, das viele Menschen, leider schon beiseitegeschoben haben. Der arme Lazarus in der Geschichte hat einen Namen: Lazarus das heißt Gotthilf, Gott möge helfen. Der Reiche bleibt namenlos. Der von Gott verachtete hat einen Namen. Wir sollten auch den Menschen einen Namen geben. KZ-Überlebende haben gesagt, dass es am Schlimmsten war keinen Namen mehr zu haben, sondern nur eine Nummer zu sein.
Drittens: Wir sollen uns hüten andere vorschnell zu verurteilen und sollen bereit sein in der Not zu helfen. Den dritten Gedanken brauche ich nicht mehr lange zu erklären, er ist selbstredend und es gibt unzählige Möglichkeiten ihn zu verwirklichen. Es liegt an uns.
Liebe Brüder und Schwestern!
„A Paradies is imma daoan, wann anna aufpasst, dass koa Depp neikummt.“ Der Brandner Kasper und der Boandlkramer helfen uns bestens das heutige Evangelium zu verstehen. Verantwortungsvolles Leben und Wohlergehen hängen nicht unbedingt zusammen. Wir sollen uns bewusst machen, dass auch jene, die wir gerne zu Sündern abstempeln, bei Gott Ansehen haben. Wir sollen uns hüten andere vorschnell zu verurteilen und sollen bereit sein in der Not zu helfen. „A Paradies is imma daoan, wann anna aufpasst, dass koa Depp neikummt.“ Schauen wir gut darauf, dass wir in diesem Sinn keine Deppen sind. Amen.